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27.02.2025

Studierende entwickeln Maßnahmen zum Erhalt von Streuobstwiesen

Unter der Leitung von Prof. Markus Leibenath und seiner Mitarbeiterin Paulina Malys erarbeiteten Studierende des Fachbereichs Architektur – Stadtplanung – Landschaftsplanung (ASL) der Universität Kassel Zukunftsszenarien für den Streuobstwiesenbestand in Liebenau-Ostheim. Neben Vorschlägen für konkrete Pflegemaßnahmen entstand ein innovatives Konzept für die Umweltbildung an Grundschulen.

Streuobstwiesen sind ein wertvoller Bestandteil historischer Kulturlandschaften in Nordhessen und bieten zugleich Lebensräume für streng geschützte Tierarten. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels und des Rückgangs der Biodiversität gewinnen Maßnahmen zu ihrem Erhalt in der Landschaftsplanung zunehmend an Bedeutung. Im Studienprojekt mit dem Titel „Steinkauz und Apfelsaft – Streuobstwiesen im Landkreis Kassel schützen, nutzen und entwickeln“ des Fachgebiets Landschaftsplanung und Kommunikation widmeten sich die Studierenden drei Schwerpunkten: Zukunftsszenarien für Ostheim, Streuobstwiesen im Klimawandel und Streuobstwiesen als Thema der Umweltbildung an Grundschulen. Ihre Ergebnisse präsentierten sie bei einer öffentlichen Veranstaltung in der Kulturscheune Liebenau. 

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Drei Zukunftsszenarien für die Streuobstwiesen in Liebenau

In drei Zukunftsszenarien haben die Studierenden die Entwicklung der Streuobstwiesen in Liebenau bis 2050 untersucht. 

Szenario A, Instandhaltung, beschreibt eine Situation, in der die Bäume zwar noch intakt, jedoch aufgrund fehlender regelmäßiger Pflege anfälliger für Spätfröste und Krankheiten sind. Dies führt zu einer verminderten Obstproduktion, wodurch sowohl ökologische als auch ökonomische Defizite entstehen. 

In Szenario B, Streuobst-Aufgabe, wird die Fläche als Ackerland umgenutzt, da die finanziellen Mittel für den Erhalt nicht ausgereicht haben. Die Bäume sind durch Spätfröste, Trockenstress und mangelnde Pflege eingegangen. Ökonomisch sind die Flächen im Wert gestiegen. Ökologisch haben sie stark an Wert verloren.

Im positiven Szenario C, O(b)stheim, übernehmen engagierte Bürger und Freiwillige die Pflege der Bäume und Wiesen. Durch regelmäßige gemeinschaftliche Aktionen zur Pflege, Anlage und Ernte der Streuobstwiesen wird die Region nicht nur ökologisch gestärkt, sondern auch als Naherholungsgebiet genutzt. Neben traditionellen Obstsorten werden zunehmend klimaresiliente Wildobstarten wie Walnuss und Esskastanie angebaut. Innovative Finanzierungsmodelle wie Crowdfunding und Patenschaften eröffnen neue Möglichkeiten, die nachhaltige Pflege dieser Kulturlandschaften zu sichern.

Standortwahl und Sortenvielfalt machen Bäume resilient

Um die Obstbäume beispielsweise vor Sonnenbrand, vorzeitigem Laubabwurf oder Schädlingsbefall zu schützen, ist eine klimaangepasste Standortwahl entscheidend. 

Die Analyse zeigt, dass Streuobstwiesen einen Standort benötigen, der ausreichend Licht und wenig Schatten bietet, um optimale Erträge zu erzielen. Leichte Nordhanglagen fördern die Feuchtigkeit und das Wachstum der Bäume, während eine gute Durchlüftung das Risiko von Pilzbefall verringert. Für eine effektive Wasserversorgung empfehlen die Studierenden Standorte in der Nähe von Wäldern oder Gewässern. Auch die Bodengüte spielt eine entscheidende Rolle: Besonders geeignet sind gut durchlüftete, tiefgründige Böden wie Braunerde oder lehmige Böden mit natürlicher Nährstoffversorgung.

Darüber hinaus beeinflusst auch die Auswahl klimaangepasster Obstsorten die Anpassungsfähigkeit der Streuobstwiesen. Besonders der Maulbeerbaum bietet eine vielversprechende Lösung: robust und anpassungsfähig, verträgt er Hitze und längere Trockenperioden besser als viele heimische Obstgehölze. Zudem ist er pflegeleicht, benötigt keinen Schnitt und ist kaum anfällig für Schädlinge. Ergänzend zur traditionellen Streuobstwiese steigert die Maulbeere nicht nur die ökologische Vielfalt, indem sie Vögeln und Insekten als Nahrungsquelle dient. Sie bietet auch wirtschaftliche Potenziale, etwa durch die Verarbeitung der Beeren zu Marmeladen oder Wein. 

Unterstützt durch Bienenkästen zur Bestäubung und Nistkästen für Meisen, die sich von Insekten und Schädlingen ernähren, kann die Pflege der Streuobstwiesen so nachhaltig gestärkt werden.

Neues Konzept für Umweltbildung ab der Grundschule

Für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur haben die Studierenden für die Grundschule Liebenau ein neues Umweltbildungskonzept entwickelt. Damit nutzen sie die Ergebnisse der Hintergrundanalyse: Diese zeigt, dass in der Region beim Thema Umweltbildung insbesondere Wissensdefizite, mangelndes Interesse sowie ein fehlendes Angebot an praktischen Aktivitäten besteht.

Das Bildungskonzept geht speziell auf die Bedürfnisse von Kindern im Alter von 6 bis 10 Jahren ein. Ziel ist es, das Wissen über ökologische Zusammenhänge und die emotionale Bindung zur Umwelt früh zu vermitteln. Hierdurch entwickelt sich eine langfristige Verantwortung für den Schutz der Natur. Kreative und interaktive Bildungsansätze sind dabei besonders effektiv: Beispielsweise können die Kinder in einer Schülerfirma selbst Streuobstprodukte herstellen oder das Thema Umwelt spielerisch durch Comics oder Videos entdecken.

Projekt trifft auf positive Resonanz

Zu allen drei Teil-Präsentationen gab es viele Fragen aus dem Publikum. So wurde beispielsweise gefragt, wie viele Stunden ehrenamtlicher Arbeit erforderlich seien, um das Optimal-Szenario „O(b)stheim“ zu realisieren. Ein anderer Teilnehmer berichtete von seinen langjährigen Erfahrungen mit dem Anlegen und Pflegen von Streuobstwiesen und betonte die Notwendigkeit, engagierten Menschen auch professionelle Kenntnisse für Baumpflanzung und Baumschnitt an die Hand zu geben. Die Besucherinnen und Besucher begrüßten die Idee, Streuobstwiesen verstärkt durch fächerübergreifende Umweltbildung an Schulen zu behandeln. 

Sowohl die Grundschule Liebenau als auch die Praxispartnerinnen und -Partner, darunter der Landschaftspflegeverband Landkreis Kassel e. V. – LPV, die Streuobstinitiative im Landkreis Kassel e.V. – SILKA sowie Bürgermeister Harald Munser, betonen den Erfolg der Kooperation mit der Universität Kassel und freuen sich über die entstandenen Kontakte und neuen Impulse für den Erhalt der Streuobstwiesen in Liebenau.

Presseinformation der Uni Kassel, Text: Maike Raatz